Tuesday, October 15, 2013

Shimmering Light

von Berenika Bratny



Niemandem war bewusst, dass es eines Tages innerhalb meiner Pferde-Gemeinschaft, zu einer unerwarteten Schwangerschaft kommen würde. Das erste Fohlen einer Mutterstute, dessen Name „Shimmering Light“ lauten würde. Vom ersten Atemzug an, war er voller Arglosigkeit und Vertrauen.
Dieses Ereignis geschah glücklicherweise nur wenige Stunden vor einem geplanten Workshop mit Kindern. Einem Programm, wo wir mit den Kindern zusammen das Leben von Pferden erforschen, die auf offenen Weiden die Freiheit haben, umher zu wandern und sich frei zu bewegen. Die Ankunft des winzigen Neuankömmlings sorgte natürlich für große Aufregung und Neugier bei allen. Erst war ich etwas unsicher wegen der möglichen Reaktion der üblicherweise bei fremden Personen eher misstrauischen Stute, doch ich war positiv überrascht, als sie die Kinder sehr nahe an den Kleinen heranließ und sie ihn sogar anfassen durften. Offensichtlich hatte sie kein Problem damit, wenn Menschen in seiner Nähe waren – andere Pferde jedoch jagte sie mit strengem Blick und gefletschten Zähnen davon. Die anderen Mitglieder der Herde wünschten sich so sehr, das neue Mitglied zu beschnüffeln und zu begrüßen, aber sie bekamen keine Chance. Erst ein paar Tage später gelang es der jüngsten Stute der Herde, einen Blick durch die Büsche zu riskieren, und, während die Mutter gerade anderweitig beschäftigt war, diesen im hohen Gras versteckten Schatz näher in Augenschein zu nehmen.











Ein Jahr ist nun vergangen. „Shimmering Light“ ist mittlerweile stolzes Mitglied der Herde. Er genießt sein Leben mit seinen liebevollen Tanten und Omas (den Stuten) und hat viel Spaß mit seinen vergnügten Onkeln (den Wallachen). Jeder menschliche Besucher wird freudig von ihm in die Herde eingeladen. Eines Tages ging mir ein interessanter Gedanke durch den Kopf – nämlich dass seine Ankunft in unserer Welt zu einem symbolischen Moment geschah, um die Kinder jenes Workshops zu begrüßen. Diese Kinder haben etwas über die wahre Natur freier Pferde gelernt, und er, als eines dieser Pferde, hat erfahren, dass Menschen sanft und sicher sein können. „Shimmering Light“ hat nie die Welt der Menschen erfahren, wie sie die meisten Pferden seiner Herde, einschließlich seiner Mutter, kennengelernt haben. Ich beobachte ihn häufig dabei, wie er über die Wiesen galoppiert, während meine Gedanken abschweifen in die Welt der Beziehungen zwischen Mensch und Pferd – und wundere mich wohl: Wie werden diese Beziehungen wohl in der Zukunft aussehen?





Die Kinder aus jenem Workshop werden eines Tages zu Erwachsenen und „Shimmering Light“ wächst zu einem großen, reifen und wunderschönen Pferd heran – wird sich unsere Welt wandeln? Werden sie in der Lage sein, miteinander und mit allen anderen Lebewesen zu kommunizieren, und Beziehungen zu bilden, die auf gegenseitigem Respekt, Harmonie und Liebe beruhen? Ich hege diesen Traum. Und nicht nur ich. Mehr und mehr Menschen teilen diese Vision. Hoffentlich kommt der Tag, an dem jedes neugeborene Fohlen sicher sein wird, so wie „Shimmering Light“. Ohne Missbrauch oder Angst – frei geboren werden sie ebenso frei bleiben. Für immer.

Fotos Berenika Bratny, Milka Jung
Übersetzung Jenni Bender

Thursday, September 5, 2013

Thermoregulation bei Pferden in den kalten Jahreszeiten

von ©Natalija Aleksandrova

Um das Überleben von Säugetieren zu ermöglichen ist es notwendig, dass die Kerntemperatur sehr Konstant gehalten werden muss, ohne viel Spielraum für Abweichungen. Wenn die Kerntemperatur über- bzw. unterschritten wird, so werden chemisch Reaktion auf der zellulären Ebene empfindlich gestört und können nicht adäquat funktionieren – oder aber sie werden ganz eingestellt. Fluktuationen ausserhalb der normalen Körperkerntemperatur resultieren in gesundheitlichen Problemen oder sogar dem Tod des Tieres. Erwachsene Pferde haben eine Körpertemperatur um die 38° Celsius. Fohlen hingegen, schnell wachsende Jungtiere also, Trächtige und Laktierende Stuten haben einen höheren Normwert (Hines, 2004). Die meisten Pferdehalter kennen die Schäden und Krisen die durch Fieber entstehen und nur wenige realisieren, wie gut angepasst Pferde sind um mit der Kälte umzugehen, wenn gewisse Lebensumstände der Pferde gewähleistet sind.

Über die Jahrtausende haben sich die Pferde über die ganze Welt verbreitet. Wo auch immer sie sich ansiedelten, waren sie den sich ständig ändernden Temperaturen ausgesetzt – durch den Tag/Nacht-Rhytmus und/oder den saisonalen Temperaturschwankungen. Auch heutzutage überleben Wildpferde, halb-wild lebende Pferde genauso wie auch domestizierte Pferde, die in möglichst artgerechten Haltungsformen leben, perfekt alle natürlichen Einflüsse, denen sie ausgesetzt sind. Ob nun im Norden Europas oder der australischen Wüste, die Pferde sind all den sich ändernden natürlichen Elemten ausgesetzt, wie Wind, Sonne, Regen, Schnee, Temperaturwechsel etc. Sie suchen in der Freiheit keine fast komplett geschlossenen Unterstände auf, wie die von menschenhand gemachten Ställe oder Scheunen oder gar Höhlen. Auch decken sie sich nicht mit Stoffen ein. Die Pferde haben eine natürliche Art entwickelt, in all den Lebensumständen zu gedeihen und zu überleben.

Ein Pferdekörper produziert ständig Wärme als Nebenprodukt des Metabolismus und ein gesundes Tier hat signifikante interne Wärmequellen aus den metabolischen Prozessen (Bicego at al., 2007). Um den internen Wärmeverlust während der kalten Jahrzeiten zu kontrolieren ist das Pferd von der Natur mit einem komplizierten und äußerst effektiven antomischen, physiologischen und verhaltenstechnischen Thermoregulationsmechanismus ausgestattet. Um diesen Mechanismus in effizienter Weise nutzbar zu machen oder überhaupt Funktionsfähig zu erhalten, benötigen die Pferde Lebensumstände, welche den natürlichen Lebensumständen möglichst nahekommen.

Auf der genetischen Ebene ist das domestizierte Pferd gleich dem wilden Gegenstück. Es hat die gleichen Fähigkeiten und Bedürfnisse um zu überleben. Im Grunde benötigt das Pferd von dem Menschen nur die Bereitstellung von Lebensräumen, die die Natur für die Spezies Pferd vorgesehen hat, als da wären: freie Bewegung 24h am Tag, freien Zugang zu angemessene, Futter 24h am Tag, ein Herdenleben, adäquate Hufpflege und einen Unterstand/Stall den sie nach belieben betreten und verlassen können. Unter der Aufsicht von Menschen, die sich um die natürlichen Bedürfnisse der Pferde kümmern und sie derart halten, das sie befriedigt werden können, wird das Pferd nicht als Subjekt für antropomorphe Denkweisen degenerieren, durch Boxenhaltung (Einstallen), durch Verändern der Essgewohnheiten, durch Eindecken, durch Schneiden der Mähnenhaare, durch Hufbeschlag usw. usf. Das domestizierte Pferd wird durch artgerechte Haltung fähig sein, seine natürlichen und erstaunlichen Thermoregulationsfähigkeiten genauso zu nutzen, wie das frei lebende Wildpferd.

Lasst uns einen tieferen Blick auf den Thermoregulationsmechanismus werfen und wie er im Pferdekörper wirkt und auch, wie er durch unnatürliche Haltung und "Pflege" gestört und beeinflusst wird.



Fell eines Araber Pferdes an einem wirklich kalten Wintertag in Zentral-Europa. Die Piloerektion ist aktiv – das Haar ist aufgestellt um die isolienrende Eigenschaft des Felles zu erhöhen.





Abkühlen nach dem Spielen. Highland pony – Zentral-Europa. (Foto © K. Jarczewski)
(Photo © K. Jarczewski)



Zuerst ist es wichtig sich zu Merken, dass es durch die verschiedenen Thermoregulationsfaktoren wie z.b. der Haut und dem Fell als gute Isolatoren gegen die Kälte und den Wärmeverlust und auch den Muskeln, die durch ihre Bewegungen Wärme erzeugen, es dem Pferd leichter fällt sich im kalten Wetter aufzuwärmen, statt sich im heißen Wetter abzukühlen – oder sich nach hartem Training abzukühlen. Abkühlen ist schwieriger als sich aufzuwärmen! Pferde sind Kälte gewöhnt.

Die Haut des Pferdes ist sowohl dafür Verantwortlich, das Körperinnere durch die Temperaturenveränderungen im Außenbereich zu schützen als auch den Körper vor Wärmeverlust in kaltem Wetter zu protektieren. Natürlich dient die Haut auch dem Abführen von Körperwärme durch Muskelaktivität und somit dem Schutz vor Überhitzung. Der Thermoregulationsmechanismus wird durch vier Hauptfaktoren gewährleistet: Haut, Fell, Arterien und Schweißdrüsen, wobei drei dieser vier Faktoren dafür verantwortlich sind, das Pferd warmzuhalten.

1. Die Haut an sich wirkt als Isolationsschicht durch ihre relative Dicke.

2. Das Fell.
Die isolierende Eigenschaft des Fells hängt ab von der Dichte und der Dicke der Haarschicht, der Windgeschwindigkeit und der Temepratur- und Feuchtigkeitsgradienten im Fell (Ousey et al., 1992).

Das Fell der Pferde wechselt zweimal jährlich bedingt durch einen Mechanismus den man Photoperiodismus nennt und sich an differierende Basistemperaturen der Jahrezeiten adaptiert. Sensoren in der Pferdehaut reagieren auf den Wechsel der Tageslichtlängen. Das Pferd ist für den Fellwechsel zu Winterfell gleich nach der Sommersonnenwende bereit, wenn die Tage kürzer werden oder aber nach der Wintersonnenwende mit der einhergehenden Verlängerung des Tageslichts und dem dann einsetzenden Wechsel zu Sommerfell.

Zusammen mit dem Photoperiodismus haben auch die Außentemperaturen einen Einfluss auf das Fellwachstum. Kältere Klimata verursachen ein Wachstum von dickerem Haar mit längerer Haarlänge als es in wärmeren Klimata der Fall wäre – dieses ist gültig, wenn man Pferde der gleichen Rasse mit gleichem Körperbau und bei gleicher Fütterung vergleicht.

Natürlich ist das Fellwachstum auch noch von anderen Faktoren wie Fütterung und Pferderasse abhängig, auf die wir später im Text noch eingehen werden.

Das Pferd kann die isolierenden Eigenschaften seines Felles auch noch durch die sogenannte Piloerektion beeinflussen: dieses meint ein Aufstellen, Drehen oder Anlegen der Haare durch Muskeln, welche die Haare aufstellen. Durch diesen Mechanismus erhöht oder senkt das Pferd die Isolationsschicht und variiert den Luftstrom, welcher zur Hautoberfläche geleitet wird. Piloerektion erhöht die Felldichte um 10% bis 30% in ausgewachsenen Pferden (Young & Coote, 1973). Die Haaraufrichte Musklen müssen, wie jeder andere Muskel auch, regelmässig trainiert werden um vernünftig zu funktionieren.

Die Körperhaare der Pferde sind mit einer fettigen Substanz bedeckt, welche dem Pferd hilft an regnerischen oder verschneiten Tagen nicht bis auf die Haut durchzunässen. Das Fell hat einen Wasserabweisenden Effekt durch diese Talgschicht der Haare – das Wasser fliesst an der äusseren Haarschicht ab, während die untere Schicht trocken bleibt. Hierbei gilt: je länger das Haar, desto weniger hat Wasser die Chance zur Hautoberfläche zu gelangen. Durch regelmässiges Ausbürsten der Haare wird die Talgschicht entfernt – der Wasserabweisende Effekt geht verloren.

Ebenfalls ist es nicht empfehlenswert, die Schicht aus Matsch, welche das Pferd durch das Wälzen im Sand am Körper trägt zu entfernen – auch diese Schlammschicht hat schützende Eigenschaften für das Pferd.

Es ist natürlich klar, dass das Entfernen – Abscheren – des Pferdefells den Faktor Thermoregulation durch Fell komplett zerstört und verhindert.

3. Arterien in der Haut.
Arterien sind durch Muskeln in der Lage sich zu verengen bzw. sich zu erweitern – dieses nennt man Vasokonstriktion bzw. Vasodilatation – welche wiederum den Blutfluss reguliert. Vasokonstriktion bewirkt den Wärmeverlust durch Beschränkung des Blutflusses in den Arterien an der Hautoberfläche – Vasodilatation bewirkt das Gegenteil – einen Abkühlend wirkenden Effekt durch Abführen von Blut aus überhitzten Körperregionen zur kühleren Hautoberfläche. Beim Zurückfließen des kühleren Blutes, wird das Körperinnere des Pferde gekühlt.

4. Schweißdrüsen
Das Pferd nutzt seine Schweißdrüsen um sich Abzukühlen in Zeiten wenn die externe oder interne Temperatur zu hoch ist. Ist die Außentemperatur zu hoch um eine Abkühlung durch die Luft zu erfahren, so produzieren die Schweißdrüsen Flüssigkeit. Evaporation dieser Flüssigkeit wirkt abkühlend auf die Hautoberfläche und den Gefäßen. Durch diesen Mechanismus – das gekühlte Blut in den Körperstamm führend – kann die Körpertemperatur auch bei großer Hitze gesenkt werden. Das Pferd stoppt die Sekretion sofort, wenn der Soll - Wert der Kerntemperatur erreicht ist. Dann muss das Pferd schnell trocknen, denn es läuft sonst Gefahr zu Unterkühlen. Ein verschwitztes Pferd dreht seine Haare in diverse Richtungen um ein Unterkühlen zu verhindern und wenn es die Freiheit hat, dann wird es sich einen windigen Platz zum schnellen und sicheren Trocknen suchen. Der Schweißdrüsenmechanismus ist bedeutsam, da er auch durch Muskelarbeit ausgelöst wird.

Das waren also die vier Faktoren zur Thermoregulation der Haut des Pferdes – schauen wir uns nun weitere Mechanismen an.



Frost auf dem Winterfell – Wärme entweicht aus dem Körper





Wasser fließt an dem langen Winterfell herunter - das Unterfell bleibt trocken.


Der Anteil an Körperfett des Pferdes spielt eine ebenso gewichtige Rolle bei der Thermoregulation. Körperfett ist nicht nur eine Energiereserve sondern darüberhinaus auch dreimal so isolierend wie anderes Körpergewebe, bedingt durch seine geringe Wärmeleitungsfähigkeit und der geringen Blutversorgung (Guyton, 1991; Davenport, 1992), deswegen ist es für das Pferd auch wichtig eine gute, isolierende Fettschicht zu haben bevor der Winter einsetzt. Wildpferde wie auch natürlich gehaltene, domestizierte Pferde behalten ihren natürlichen Rhythmus der Gewichtsveränderung im Laufe des Jahres- mit Gewichtszunahmen bis zu 20% im Herbst. Normalerweise können wir bei domestizierten Pferden mit einer dickeren Fettschicht ein vergleichsweise kürzeres Winterfell registrieren, als es bei Pferden mit geringerer Gewichtszunahme zum Herbst zu sehen ist. Wenn man Pferde der gleichen Rasse und der gleichen Körpermaße miteinander vergleicht. Es ist außerdem zu beobachten, dass sich das Fett in den kälteren Jahreszeiten gleichmäßiger über den Pferdekörper verteilt und sich nicht an speziellen Körperpartien sammelt, wie es in den wärmeren Monaten zu sehen ist.

Unter den gleichen Haltungsbedingungen zeigen kleinere Pferderassen ein längeres und dickeres Fell als größere. Auch sehen wir ein typisches dickeres Fell bei Fohlen. Dieses hat mit dem Effekt der Allometrie zu tun, der systematischen Veränderung von Körperproportionen einhergehend mit dem Wachsen des Körpers im Hinblick auf den Wärmeausgleich. Unterschiede gibt es innerhalb der verschiedenen Spezies, sie erscheinen als unterschiedliches Wachstum und Entwicklung, aber sie sind auch innerhalb nur einer Spezies zu sehen (Reiss, 199; Langlois, 1994). Im Allgemeinen ist eine größere Körperstatur im Hinblick auf die Thermoregulation in der Kälte von Vorteil, da das Verhältnis von Wärmeableitung über die Körperoberfläche zur Wärmeproduktion/ dem Verbleiben der Wärme im Körper sich mit der Verringerung von Körpergröße erhöht (Phillips & Heath, 1995; Bligh, 1998). Darum haben große Pferderassen relativ gesehen weniger Oberfläche für den Wärmeaustausch zur Verfügung und dadurch erheblich weniger Wärmeverlust in der Kälte als es kleiner Rassen haben. Kleinere Pferde verlieren also mehr Körperwärme als größere und außerdem reduziert eine kugelförmige Körperform bei größeren Pferden die Körperoberfläche im Verhältnis zur Körpermasse(Langlois, 1994). Um das größere Verhältnis von Körperoberfläche zu Körpermasse zu kompensieren, haben Pferde des Nordtypes im Allgemeinen schwerere, rundere Körper entwickelt mit kürzeren Extremitäten welche sehr gut durch dichtes, dickes Haar auch an der Mähne und den Fesseln geschützt ist und dadurch in der Lage sind mehr Wärme im Körper zu halten und mit großer Kälte klarzukommen.

Eine erhöhte Nahrungszufuhr erhöht gleichzeitig die körpereigene Wärmeproduktion welche durch die Tatsache verbunden ist, das die Verdauung von langen Fasern als Nebenprodukt große Wärmemengen erzeugt. Darum ist es so wichtig, dass jedes domestizierte Pferd uneingeschränkten Zugang zu Heu hat, an 24 h pro Tag um durch den kontinuierlichen Verdauungsprozess langfaserigen Heus stetig Wärme zu erzeugen. Diese ist auch dann von großer Wichtigkeit, wenn andere Faktoren der Thermoregulation nicht (sofort) greifen, wie z.B. durch plötzlichen, rapiden Temperaturabfall.

Solch ein erhöhter Bedarf an Futter wird „klimatischer Energiebedarf“ genannt (MacCormak & Bruce, 1991). Es wurde beobachtet, dass Pferde 0.2 bis 2.5% mehr Energie für die Aufrechterhaltung ihrer Körpertemperatur pro sinkenden 1° Celsius Außentemperatur unterhalb ihrer kritischen, niedrigsten Körpertemperatur benötigen (Young Coote, 1973; McBride et al., 1985; Cymbaluk et al., 1989a; Cymbaluk, 1990). (Der kritische, untere Wert für die Körpertemperatur variiert für verschiedene Pferde/ Gruppen von Pferden und hängt von Umweltfaktoren und verschiedenen anderen Thermoregulationsfaktoren zu unterschiedlichen Zeiten des Jahres ab.)

Wichtig ist, dass kleiner Pferderassen einen höheren kritischen untersten Temperaturwert haben, darum ist ihr Wärmeverlust größer und sie benötigen mehr zusätzliches Futter. Also, je höher der kritische, unterste Wert liegt, desto mehr Wärmeverlust erfährt das Tier. Anders gesprochen: je niedriger der kritische, unterste Temperaturwert, desto weniger Wärmeverlust – siehe größere Pferderassen. Große Pferdehalten ihre Wärme länger in der Kälte.

Von Wildpferden wurde berichtet, dass sie ihre Bewegungsaktivitäten im Winter im Gegensatz zum Sommer reduzierten (Duncan, 1980; Berger et al., 1999; Arnold et al., 2006). Eine reduzierte Bewegungsaktivität ist ein jährlich zu beobachtendes Muster bei sinkenden Außentemperaturen und führt daher zu reduzierter interner Wärmeproduktion und reduziertem Energieverbrauch (Arnold et al., 2006). Dieser Adaptionsmechanismus reduzierter Körperaktivität hilft den Pferden bei den Anforderungen des Winters an den Energieverbrauch. Diese Reduktion von Aktivität kann auch bei natürlich gehaltenen, domestizierten Pferden beobachtet werden obwohl diese Pferde nicht den Herausforderungen ständiger Nahrungssuche im Winter ausgesetzt sind. Diese Herunterfahren körperlicher Aktivität hat offensichtlich den gleichen Grund als er bei Wildpferden hat: eine Reduktion des Energieverbrauches in der Kälte. Darum ist es auch ein natürlicher, saisonaler Rhythmus bei Pferden während des Winters untrainierter zu sein, aufgrund der thermoregulatorischen Mechanismen und aus diesem Grunde ist es auch nicht angebracht, Pferde im Winter zum Training zu zwingen.

Zusammen mit einer allgemeinen Reduzierung der Aktivität bei Pferden in der Winterzeit, hat man kurze Phasen der Unruhe und der motorischen Aktivität(Bewegen)während eines plötzlichen Temperatursturzes und sehr widrigen Wetterverhältnissen beobachtet. Diese kurzfristigen Bewegungsmuster sind ein hilfreiche Brücke, bis weitere Faktoren ihrer Thermoregulation sich auf die neuen Umstände eingestellt haben.

Manchmal lässt sich beobachten, wie mehrere Pferde sehr eng beieinander stehen oder liegen und somit den Wärmeverlust durch Abstrahlung reduzieren indem sie effektiv ihre, der Umwelt preisgegebenen, Körperoberfläche reduzieren (Bligh, 1998). Dieses, sich eng an seine Herdenmitglieder zu positionieren, kann Tieren helfen, welche aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind genug Wärme zu erzeugen, sich an der Körperwärme andere (durch Abstrahlung) zu wärmen.

Auch lässt sich immer wieder beobachten, wie Pferde durch Positionierung und Orientierung, die Wärmestrahlung der Sonne zum Aufwärmen nutzen – dann wird ein Sonnenbad im direkten Sonnenlicht an einem kurzen, kalten Wintertag der Nahrungsaufnahme vorgezogen um sich aber, sobald die Sonne bedeckt ist oder untergeht, sofort wieder derselben zu widmen.

Auch Schnee, welchen wir manchmal auf den Rücken der Pferde liegen sehen, kann eine isolierende, vor Wärmeverlust schützende, Schicht bilden.

An windigen, regnerischen Tagen, können wir Pferde zusammenstehen sehen, mit ihren Schweifen in den Wind gedreht und mit gesenkten Köpfen. Auf diese Weise schützen sie ihren Nacken, die köpfe, Ohren und Augen, den Unterbauch und die Genitalien for Wasser und Wind. Ihre Schweife schützen dabei ihre hintere Körperpartie - die kürzeren Haare auf der Schweifrübe fächern sich dabei auf  und schirmen so Wind und Schnee ab. An diesen Tagen kann man die Pferde auch im Windschatten von Ställen oder Unterständen stehen sehen oder auch natürlichen Windschutz  nutzend, wie z.B.  Bäume oder Hügel um sich vor dem Wind zu schützen.

Wenn Pferde die freie Wahl haben kann man sie auch geschlossene Ställe aufsuchen sehen oder auch Wälder – dann oftmals um sich vor lästigen Fliegen und Insekten zu schützen und der Sommerhitze zu fliehen.

Unter extremen Bedingungen kann Körperwärmer auch durch Muskelzittern generiert werden, wobei durch dieses Zittern schnell Wärme durch Aufschluss von ATP in den Muskeln erzeugt wird (Langlois, 1994). Zittern ist normalerweise ein akut einsetzender Respons wenn Pferde plötzlich großer Kälte ausgesetzt sind oder aber, wenn sie für längere Zeit der Kälte bei gleichzeitigem Regen ausgesetzt sind. In gesunden Tieren wird das akute Muskelzittern durch normale, interne Wärmeproduktion ersetzt, wenn sie sich an neue Wetterkonditionen adaptiert.

Ein anderes Problem, welches im Zusammenhang mit geschlossenen Räumen auftritt, wenn das verschwitzte Pferd dort eingestellt wird ist, das der Trocknungsvorgang wesentlich länger dauert, aufgrund der fehlenden Luftbewegung und das Pferd somit längere Zeit schwitzt. Die Umgebungsluft wird durch die Feuchtigkeit gesättigt und ist somit nicht mehr fähig, weitere Feuchtigkeit aufzunehmen, auch dieses trägt zur unnatürlich verlängerten Trocknungszeit bei. Als Resultat wird das Pferd unterkühlt und es werden innere Erkrankungen wie Koliken, Infektionen durch negative Beeinflussung des Metabolismus und der benötigten Körperkerntemperatur begünstigt.

Das Eindecken von Pferden kann den gesamten Thermoregulationsmechanismus außer Gefecht setzen, denn das Tier versucht Körperteile, welche nicht von Stoff bedeckt sind warm zu halten, wie z.B. den Nacken, den Kopf, Bauch und Beine. Dabei werden die eingedeckten Körperpartien überhitzt. Ein Pferd ist eben nicht in der Lage nur spezielle Körperpartien zu erwärmen – der ganze Körper kühlt ab oder der ganze Körper erwärmt sich. Das Schwitzen unter den Decken birgt mehr Gefahren durch ernste metabolische Störungen, als es den Menschen bewusst ist.

Wenn Pferde in Boxen gehalten werden und/ oder eingedeckt sind, so erfahren sie wenig Stimuli (wie z.B. Temperaturwechsel) welche nötig sind um den Thermoregulationsmechanismus zu reizen – zu fordern – ihn zu aktivieren. Somit werden die Haarerektormuskeln nicht trainiert – die Arterien werden nicht geweitet oder verengt – auch werden die Schweißdrüsen nicht in dem Maße gefordert und es wird auch gesunde Fettschicht aufgebaut bzw. „verbraucht“. Jeder Muskel atrophiert nach einiger Zeit der Inaktivität – ohne beansprucht zu werden. Wird nun ein Tier in diesem Status plötzlich der Kälte ausgesetzt, so wird es nicht in der Lage sein, einen adäquaten Wärmeregulierungsprozess zu aktivieren. Als Resultat kann es passieren, das die Körperkerntemperatur zu stark sinkt – unter dem kritischen Level –und nun metabolische Prozesse eingestellt werden. Diese wiederum führt z.B. zur Beeinträchtigung der Produktion weißer Blutkörperchen und Antikörper und zur Verlangsamung ihrer Bewegungsrate, mit einem partiellen Funktionsverlust. Das Ergebnis ist ein hochgradig gestresstes Tier, mit einem inneren Milieu, welches Krankheiten und Infektionen Tür und Tor öffnet. Der Keim ist nichts, die Umgebung alles (Louis Pasteur). Konsequenterweise erhalten Bakterien und Viren eine perfekte Gelegenheit sich zu vermehren.

Neben der Tatsache, dass eine funktionsfähige Thermoregulation durch Artgerechte Pferdehaltung entsteht und wirken kann, gibt es Angst und Stressfaktoren, die ein Pferd unweigerlich erfährt, wenn es Abgeschnitten ist von seinen natürlichen Bedürfnissen und in unnatürliche Haltungsformen gepresst wird, wie Boxenhaltung, Separation von Artgenossen, forciertem Training, nicht genügende Raufuttergabe etc. Auch diese Stressoren beeinträchtigen das Pferd, sodass es Probleme mit der Kälte hat.

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Übersetzung André Oude Wolbers

Monday, August 12, 2013

Dr. Hiltrud Straßer und ihre ganzheitliche Hufbearbeitungsmethode

Natalija Aleksandrova


Menschen haben unendlich viel Zeit damit verbracht alle möglichen Hufschutzkonstruktionen aus Metall mit sämtlichen Alternativen zu entwickeln, um die “nutzbare” Zeit des Pferdes zu verlängern, aber bis jetzt ohne großen Erfolg. Probleme mit Beinen und Hufen sind immer noch der häufigste Grund für Lahmheit und Tod dieser Tiere. Aber könnt ihr euch vorstellen, dass ein Barhuf bestens in der Lage ist, sich um sich selber zu kümmern? Ist es möglich, dass ein Barhuf sich durchaus besser schützen kann als jeglicher vom Mensch ausgedachte künstlicher Hufschutz? Oder kann es sein, dass ein Barhuf den Bewegungsapparat des Pferdes reibungslos und ohne jegliche Schäden am Laufen hält? Ja es kann sein und damit ist es noch nicht getan. Ist es möglich, dass ein gesunder Barhuf eine sehr wichtige Rolle im allgemeinen Gesundheitszustand des Pferdes spielt? Dr. Hiltrud Straßer, eine deutsche Forscherin und Tierärztin ist schon vor Jahrzehnten genau zu einem solchen Ergebnis gekommen. Wenn man auf natürliche und artgerechte Haltungsbedingungen achtet, hat der Huf die Möglichkeit so zu funktionieren, wie es von der Natur aus vorgesehen war und man braucht keinen künstlichen Hufschutz mehr. Die Anomalien im Huf heilen und der gesunde Huf wird zum Schlüssel der Heilung des gesamten Organismus

Wir wissen, dass die Hufen unter anderem als zusätzliche Blutpumpe funktionieren. Außerdem haben Hufen noch eine andere wichtige Funktion - als Entgiftungsorgan. Bestimmte Eiweißstoffe, die der Körper nicht mehr braucht, werden in der Huflederhaut zu Hornsubstanzen umgewandelt und somit ausgeschieden. Wir können uns nun vorstellen, wie schwer der Organismus angegriffen wird, wenn “nur” diese 2 Funktionen beeinträchtigt sind-Herz, Leber, Nieren und Haut (alle Entgiftungsorgane) sind die ersten “Opfer”. Wenn die Eiweißstoffe nicht via Hufhorn abgebaut werden können, bleiben diese im Blutstrom und schaden damit den inneren Organen.

Vor dem Studium zur Tierärztin absolvierte Dr. Straßer ihre Lehre als Pferdewirt. Das Diplon zur Tierärztin bekam Sie dann sowohl von der Humbold - als auch von der Freien Universität in Berlin. Ihre Promotion zum Dr.med.vet bekam Sie von der Freien Universität in Berlin. Seit über 30 Jahren befasst sich Dr. Straßer mit Lahmheit im Zusammenhang mit Hufproblemen, deren Heilung und Prävention, 17 Jahre davon in ihrer eigenen Hufklinik in Tübingen in Deutschland.

Am Anfang ihrer Karriere war sie entsetzt zu erfahren, wie viele junge Pferde eingeschläfert werden - meistens wegen “unheilbarer” Hufprobleme wie Huflederhautentzündung, Rehe und Hufrollenerkrankung. Durch ihre Forschungen und Beobachtungen hat sie festgestellt, dass die Wildpferde wesentlich länger leben als Pferde in menschlicher Obhut unter sogenannter „artgerechter Haltung“. Ihre Untersuchungen brachten sie zu einem unerwarteten Ergebnis: wir bringen selbst unsere beliebten Tiere mit unserer unnatürlichen Vorsorge um. Ihre Forschungsergebnisse und Vergleiche verschiedener Lebensumstände und Hufformen von Wildpferden und unseren Hauspferden bildeten die Grundlage für eine Lehre, die heute auf der ganzen Welt als “Die Straßer Methode” bekannt geworden ist. Es wäre fast besser diese Methode als Lehre zu bezeichnen, da sie nicht nur reine Instruktionen für Hufbearbeitung beinhaltet. Die “Straßer Lehre” weißt auf die biologische, artgerechten Haltungsbedingungen, den Einfluss von Lebensumständen auf den Gesamtorganismus und der Hufen, die Funktion der Hufen als ein wichtiges Körperorgan sowie die Verbindung und den Einfluss der Hufen auf den gesamten Organismus hin.



1. Dr. Straßer auf der World Holistic Hoof Care Conference, Tübingen Deutschland
2. Dr. Straßer an der Hufklinik beim Lehren ihrer Schüler



Dr. Straßer sagt: ”Die Hufform, die wir bei Pferden heute vorfinden, hat sich über viele Millionen Jahre entwickelt und offensichtlich bewährt. Wir müssen deshalb davon ausgehen, dass es keine bessere Möglichkeit für ein solches Organ gibt.” Wenn wir das verstanden und akzeptiert haben, müssen wir dieses Organ gründlich kennen lernen, da es (wie auch bei allen anderen Komponenten des Organismus) in Wechselwirkung mit anderen Organen steht. Bedauerlicherweise wird diese kleine aber sehr wichtige Tatsache des öfteren vergessen. Organprobleme werden nicht im Zusammenhang mit dem Gesamtorganismus betrachtet. Dies führt wiederum zu einer falschen Diagnose und dadurch zu einem nicht zufrieden stellenden Behandlungsergebnis.

Die Straßer Methode hilft die gesunde Barhufe das ganze Pferdeleben gesund zu halten und wirkt wahre Wunder bei der Heilung von komplizierten Veränderungen im Huf wenn die konventionellen Methoden versagt haben. Dr. Straßer hat festgestellt, dass, wenn man die vom Menschen selbst kreierten Hindernisse entfernt (zu lange Trachten, Eisen, Boxenhaltung usw.), das Wunder der Selbstheilungskraft einsetzen kann. Dr. Straßer hat in ihrer Klinik zahlreiche Pferde mit ernsthaften Problemen im Bewegungsapparat gesehen. Pferde, welche mit Todesurteil zu ihr in die Klinik gebracht wurden und ganz gesund wieder nach Hause gingen.

Manche Pferdebesitzer finden diese Methode immer noch widersprüchlich oder sogar radikal. Das liegt daran, dass diese Methode der von Hufschmieden und Tierärzten praktizierten konventionellen Methode widerspricht. Zum Beispiel bei der Hufrehe (Rotation vom Hufbein mit oder ohne Hufbeinseparation), ist die Schulbuch - Lösung das Pferd im Trachtenbereich höher zu stellen. Diese Vorgehensweise basiert auf dem Glauben, dass man so die Spannung in der tiefen Beuge-sehne und der Blättchenlederhaut reduziert. Laut Dr. Straßer ist so eine Vorgehensweise aber eher kontraproduktiv weil das Steilstellen zur Überlastung der schon ohnehin entzündeten Lederhaut im vorderen Bereich führt und die Durchblutung im Huf verringert. Dr. Straßer hat herausgefunden, dass - wenn das Hufbein unter Belastung bodenparallel ist - die auf die tiefe Beuge-sehne einwirkenden Ziehkräfte eher nach hinten als nach oben gerichtet sind (eine neulich von Glenn Ramsey von der Auckland Universität in Neu Seeland durchgeführte Studie hat Dr. Straßers Beobachtungen bestätigt: "The effect of hoof angle variations on dorsal lamellar load in the equine hoof," Equine Veterinary Journal, 11/2011). Bei der Straßer Methode wird das Hufbein unter Vollbelastung zur Bodenparallele in Stellung zurück gebracht. Das ermöglicht wieder die optimale Blutversorgung im Huf und die gleichmäßige Verteilung der Lasten innerhalb des Hufes. Dadurch kann das Horn schneller und in besserer Qualität nachwachsen.

Es ist sehr wichtig zu wissen, dass die Straßer Methode erfolgreich und ohne Schäden für das Pferd nur durch ausgebildete Straßer Hufheilpraktiker (SHP ) umgesetzt werden kann (oder in manchen Fällen konnte die Behandlung erfolgreich überwacht werden). Es handelt sich dabei um Fachleute, welche eine 2 jährige intensive Ausbildung im Bereich der ganzheitlichen Hufpflege sowie der Huf- Rehabilitation absolviert und eine Prüfung abgelegt haben. Es sind Fälle bekannt wo Hufbearbeiter, die keine solche Ausbildung absolviert haben und die Straßer Methode angewandt haben, viele Schäden angerichtet und die Pferde „lahmgelegt“ haben. Von einem SHP richtig umgesetzt, verursacht die Methode an sich dem Pferd keine Schmerzen. Es ist aber auch durchaus logisch und nachvollziehbar, dass - wenn die optimale Blutversorgung und damit die Funktion der Nerven im Huf wieder hergestellt ist - die bis jetzt “tauben” Hufen aufwachen und das Pferd schmerzen hat und sogar lahm gehen kann. Der Huf wird durch den Beschlag oder falsche Hufbearbeitung “taub” (oder gefühllos). Durch die wiederhergestellte Blutversorgung wachen diese Nerven wieder auf und können Ihren ursprünglichen Funktion nachkommen, nämlich die Schäden melden, welche sie im tauben Zustand nicht konnten. Richtig angewandt, zeigt diese Methode nur den Schmerz der Schäden und Anomalien im Hufinneren an (verschiedene Formen von Zwangshufe, gezerrte weiße Linie, Druckstellen). Während des Heilungsprozesses kann es des öfteren zu Hufabszessen kommen, weil sich so der Körper von großen Teilen totem Gewebe befreit. Die meisten Pferde zeigen jedoch schon nach der ersten Hufbearbeitung nach der Straßer Methode große Erleichterung und die Heilung setzt sich mit jeder weiteren Hufbearbeitung fort.



Ein neuer Patient in der Klinik mit Huflederhautentzündung.




Das Pferd ist nach der Behandlung in der Klinik von Dr. Straßer geheilt


Ohne tieferes Wissen und Verständnis dafür kann die Methode nicht erfolgreich umgesetzt werden. Auch der Pferdebesitzer (-in) muss in den Rehabilitationsprozess einbezogen werden. Es ist sehr wichtig, dass Hufe nicht separat sondern als Teil des Gesamtorganismus betrachtet werden. Genau das ist ein Problem mit der Westlichen Medizin, die nur Symptome heilt und nicht die Ursache für diese Symptome sucht und dabei den Gesamtorgansinus außer Acht lässt. Dr. Straßer hat es verstanden, dass viele Gesundheitsprobleme, die wir bei beschlagenen und bei Boxenpferden sehen, schlicht und einfach das Ergebnis einer falschen Hufform und verminderter Huffunktionen sind. Beispiel für solche Gesundheitsprobleme können z.B. Hautprobleme, Allergien, chronische Atemwegerkrankungen, häufige Koliken usw. sein. Diese Symptome verschwanden fast immer so bald man die Haltungsbedingungen so natürlich wie möglich gestaltet hat und der Huf in physiologisch korrekte Form gebracht wurde. Die Straßer Hufheilpraktiker sind ausgebildet um Ursachen für Hufprobleme zu finden und sie sind auch bestens in de Lage zu sagen, wie lange der Heilungsprozess dauern wird. Viele Pferdebesitzer bringen in der Heilphase sehr wenig Verständnis für ihr Tier auf und können das nur schwer verstehen, dass das Pferd leichte Schmerzen haben kann und geben dem Tier nicht genug Zeit zum Heilen. Normalerweise verschwindet die anfängliche Skepsis für die Straßer Methode so bald man die Funktion und Form der gesunden Barhufes versteht - eben ein Ergebnis von Millionen von Jahren der Evolution.




Ein schwerer Fall von Hufrehe mit Hufbeindurchbruch. 18 Monate später ist das Pferd wieder ganz gesund, behandelt bei Dr. Straßer in ihrer Klinik.


Die Straßer-Methode basiert auf dem akademisch anerkannten Wissen:

um die Histologie
lebendes Gewebe
a) benötigt regelmäßige Durchblutung
b) bestimmte Stoffwechseltemperatur
c) Nerven können nur in stoffwechselaktiver Umgebung arbeiten

um die Anatomie
a) das Hufbein eines Equiden muß bodenparallel liegen
b) das Hufgelenk muß im Mittelpunkt über der Hufbeinbasis liegen
c) die Sehen des Beuge- und des Strecker-Apparates sind bei Ruhe im energieneutralen Gleichgewicht
Sehnen werden durch Muskelanspannung zwecks Bewegung verkürzt. Bei anhaltendem Tonus im Stehen kommt es zu Verkrampfungen

um die Physiologie
Das Blut wird von Hufen und Gelenken im Bein aufwärts gepumpt. Das geht nur bei Bewegung
Excretion von Hufhorn ist mit der Durchblutungsmenge gekoppelt, die von der Bewegungsmenge abhängig ist
Produktion von Hufhorn ist zur Entlastung des Körperstoffwechsels und des Blutes in bestimmter Größenordnung notwendig

um die Hippologie
das natürliche Verhalten von Pferden besteht zu über 70% aus Bewegung
es gibt keinen Tag-Nacht-Rhythmus
Hornproduktion und Hornabnutzung sind in physiologischen Einklang

um Physik und Mathematik
Hebelwirkungen am schiefen Kegelstumpf führt bei physiologisch korrekter Hufform zur Spreizung, bei unphysiologischer zu Zwangsituationen
Die Pumpfunktion ist nur bei Wechsel von Abflachen und Aufwölben der Hufsohle möglich. Bei Fixierung des Gewölbes nicht möglich!
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Bücher
http://hufklinik.de/62.0.html

Wednesday, July 10, 2013

Bringt eine Beschränkung der Weidezeit tatsächlich den gewünschten Effekt bei Pferden?

von Natalija Aleksandrova
Übersetzung Jennifer Bender

In dieser Fortsetzung des Artikels über die Wichtigkeit der unbeschränkten Grasaufnahme (siehe hier: http://holistichorseandhoofcare-deutschland.blogspot.com/2013/06/grasen-lebenswichtig-fur-das-pferd.html) werfen wir einen Blick auf eine neue, erst kürzlich veröffentlichte Studie von Prof. Paul D. Siciliano und seinem Team. Seine Forschungsergebnisse untermauern deutlich die Tatsache, dass eine eingeschränkte Weidezeit zur angeblichen Behandlung und Prävention von Fettleibigkeit sowie bestimmten Stoffwechselerkrankungen, den equinen Metabolismus vielmehr in Stress versetzt und dadurch weitere Gesundheitsprobleme provoziert. Das Pferd ist in der Lage im Falle einer zeitlich begrenzten Grasaufnahme bis zu drei mal mehr Futter aufzunehmen als in diesem Zeitraum eigentlich normal wäre. Diese geballte Menge an Nährstoffen in so kurzer Zeit überfordert das Verdauungssystem sowie den gesamten Stoffwechsel.

Abgesehen von dem physiologischen Faktor bedeutet eine solche Beschränkung auch mentalen Stress für das Tier. Ein derlei gehaltenes Pferd kann im Prinzip seine Zeit auf der Weide nie richtig genießen, weil es damit rechnen muss, dass der Aufenthalt dort jederzeit beendet werden kann. Bei zu wenig Fläche im Verhältnis zur Anzahl der Pferde muss es außerdem davon ausgehen, dass kurzfristig das Nahrungsangebot drastisch sinken wird. Des weiteren entsteht häufig mehr Unruhe innerhalb der Herde, da ranghohe Tiere ihre rangniederen Kollegen auf ihrer Suche nach gehaltvolleren Stellen verjagen.

Die Studie

Obwohl bereits seit vielen Jahren verschiedene Forscher behaupten, dass eine Gewichtsreduktion gleichbedeutend ist mit einer verbesserten Pferdegesundheit, hat bis vor kurzem niemand wirklich gewusst, was eine Begrenzung der Grasaufnahme für den equinen Gastrointestinaltrakt sowie seine Nährstoffversorgung bedeutet. Eine Gruppe von Wissenschaftler der North Carolina State University, unter der Leitung von Prof. Paul D. Siciliano wollte nun im Rahmen einer Versuchsreihe herausfinden, inwieweit eine begrenzte Weidezeit die Futteraufnahmerate, die Energieaufnahme und die Verdauung im Dickdarm beeinflusst.

Das Team teilte acht erwachsene nicht genutzte Wallache in vier Gruppen auf und erlaubte jeder Gruppe einen Weideaufenthalt von drei, sechs, neun oder vierundzwanzig Stunden für jeweils eine Woche. Nach jeder Woche wurden die Gruppen auf eine frische Weide und einen anderen Weideturnus umverteilt. Am Ende dieser Vier-Phasen-Studie hatte jeder der Wallache jede Variante einmal durchlaufen. Wenn sie nicht auf der Weide waren, verbrachten die Tiere ihre Zeit auf trockenen Ausläufen mit Zugang zu Wasser und Salz. Die Pferde mit drei und sechs Stunden Weidezeit hatten zusätzlich eine unbegrenzte Menge an nährstoffarmem Heu zur Verfügung. Im Rahmen ihrer Studie zeichneten die Forscher des weiteren die Menge an aufgenommenem Heu auf und sammelten jeweils am siebten Tag, also am Ende jeder Phase, Kotproben von allen Pferden ein.

Die Wissenschaftler maßen oder schätzten außerdem die Zusammensetzung der Weidepflanzen pro Wiese, deren Masse an Gras (um die pro Pferd verfügbare Menge an Gras einschätzen zu können), sowie die Höhe der Pflanzen und die jeweiligen Futtervorlieben für jede Phase. Sie stellten keine Unterschiede bezüglich der verdaulichen Energiekonzentration oder der initialen Masse an Gras pro Weide fest. Jedoch stand in den Phasen zwei und drei weniger Gras zur Verfügung als in den Phasen eins und vier.

Die Ergebnisse der Studie ergaben Folgendes:
— Die tägliche Gesamtmenge an aufgenommenem Raufutter (Gras und Heu, sofern Heu zur Verfügung stand) wurde von der Länge der Weidezeit nicht signifikant beeinflusst. Mit anderen Worten, die Pferde konsumierten die gleiche Menge an Futter unabhängig von der erlaubten Weidezeit.
— Die absolute Höchstmenge an aufgenommenem Gras fand sich bei Pferden mit unbeschränktem Weidegang; sie entsprach 1,4% des Körpergewichts. Dies ist deutlich weniger, als vorangegangene Studien (2-3% des Körpergewichts) angenommen haben. Siciliano und seine Kollegen vermuten einen Zusammenhang zwischen der geringeren Futteraufnahme und den streckenweise hohen Temperaturen im Verlauf der Studie. Hohe Temperaturen führten zu einer Reduktion des Graskonsums von bis zu 15-20%.
Die relative Menge an konsumiertem Raufutter stieg bei einer Verkürzung der Weidezeit an. Pferde mit nur drei Stunden Weidezeit fraßen im Verhältnis mehr als die Wallache mit neun oder vierundzwanzig Stunden Weidezeit. Pferde mit sechs Stunden Zeit auf der Weide wiederum fraßen verhältnismäßig mehr als die Tiere mit vierundzwanzig Stunden Weidegang.

Unter anderem fanden die Wissenschaftler heraus, dass der pH-Wert der Kotproben in Relation zur Verkürzung der Weidezeit sank. Dieser pH-Wert wird durch die Ernährungsgewohnheiten beeinflusst und ist ein Hinweis auf den pH-Wert des Darms. Je niedriger dieser Wert ist, umso saurer ist das Milieu im Darm. Eine Übersäuerung des Verdauungstraktes (Azidose des Verdauungssystems) begünstigt die Entstehung von Koliken und anderen Gesundheitsproblemen. Daraus folgerten die Forscher, dass sich die Länge der Weidezeit auf das Bakterienmilieu in der Darmflora auswirkt. Auch die Qualität der Weide spielt dabei offenbar eine wichtige Rolle. Sie betonten dabei allerdings, dass sich der pH-Wert von allen Probanden trotz der Unterschiede im Normalbereich befanden.

Die durchschnittliche Grünfutteraufnahme war am höchsten bei unbegrenzter Weidezeit, die Gesamtmenge an aufgenommenem Futter blieb jedoch unabhängig von der zugeteilten Versuchsphase bei allen Pferden in etwa gleich. Die Pferde konsumierten 40%, 66%,67% und 94% ihres täglichen Durchschnittsbedarfs an Grünfutter im Verlauf ihres 3, 6, 9 und 24-stündigen Weideaufenthaltes, was veranschaulicht, dass Aufnahmerate mit sinkender Weidezeit steigt.

Die Ergebnisse der Studie untermauerten die vom Forschungsteam aufgestellte These, dass eine Reduktion der Grasaufnahme zu einer gesteigerten Aufnahmerate bei sinkendem pH-Wert im Kot der Pferde führt.

„Eine einfache Reduktion der Weidezeit ist offenbar nicht immer ein erfolgversprechendes Mittel, um die Kalorienaufnahme des Pferdes zu minimieren“, sagt Siciliano. Sein Team formulierte außerdem, dass es notwendig sei, weitere Methoden zu entwickeln, mit denen es möglich sei, präzisere Vorhersagen bezüglich der Futteraufnahme von Pferden mit weniger als vierundzwanzig Stunden Weidegang zu machen.

Die volle Studie „Effect of Restricted Pasture Access on Pasture Dry Matter Intake Rate, Dietary Energy Intake and Fecal pH in Horses“ wurde im Juni 2013 im Equine Veterinary Science Journal veröffentlicht.

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Wenn die Weiden weitläufig genug sind, um die dort lebenden Pferde mit genug Futter rund um die Uhr und durch das ganze Jahr zu versorgen, dann sollte die Weidezeit für die Tiere nicht eingeschränkt werden.
Steht nun nicht genug Weidefläche zur Verfügung, um die Pferde damit zu ernähren, ist es besser, die Wiesen nicht einfach zu schließen, damit sie sich erholen können, sondern sie offen zu lassen, aber zeitgleich qualitativ hochwertiges Heu ad libitum zur Verfügung zu stellen. Die Pferde merken, wenn die Weide nicht mehr genug Nährstoffe beinhaltet und fressen dann vermehrt das Heu, so kann sich die Wiese bis zu einem gewissen Grad auf natürliche Weise erholen.

Pferde, die auf großzügigen Weidelandschaften leben und unbegrenzten Zugang zum Futter haben, leben ein pferdegerechtes und glückliches Leben. Es ist außerdem zu beobachten, dass sich diese Tiere auch vielerlei andere Beschäftigung suchen.

Zum Beispiel machen sie gerne ein Nickerchen, bei dem es häufig auch zu Tiefschlafphasen kommt:












Oder sie spielen:








Sie kommunizieren miteinander:








Oder mit dem Menschen:






Sie betreiben gegenseitige Fell- und Hautpflege:






Suchen sich die Kräuterarznei, die sie gerade brauchen:






Sie bewegen sich aktiv:






Und ja, sie fressen und nehmen dabei lebenswichtige Nährstoffe auf:










All photos except no. 12 by Berenika Bratny

Tuesday, June 11, 2013

Grasen – lebenswichtig für das Pferd

Natalija Aleksandrova
Übersetzung Jennifer Bender

Im Laufe seiner Evolution hat sich das Verdauungssystem des Pferdes optimal an die Aufnahme und die metabolische Verstoffwechselung von Gras angepasst. Es wandelt das saisonale Angebot an verschiedenen Gräsern in Energie um, die das Pferd als Grundumsatz tagtäglich braucht. Die Darmflora passte sich so dem Nahrungsangebot an, ebenso der Dünndarm, der im Laufe der Zeit immer länger wurde. Das Verdauungssystem von Equiden ist im Grunde deutlich weniger effizient als das von z.B. Wiederkäuern. Es ist darauf ausgelegt, viele Stunden am Tag Nahrung von kargen Weideflächen aufzunehmen, die reich an Ballaststoffen, jedoch arm an Stärke und Eiweiß sind.

Hat das Pferd rund um die Uhr und zu jeder Jahreszeit Zugang zu weitläufigen Wiesen mit einem vielfältigen Pflanzenangebot, dann versorgt es sich instinktiv genau mit den Nährstoffen, die es für die jeweilige Phase des Jahres gerade braucht. Das besonders hochwertige Frühlingsgras bringt Energie für die Paarungszeit und baut die Pferde nach dem Winter wieder auf. Jungen Pferden gibt es die für Wachstum und Entwicklung notwendigen Nährstoffe. Im Sommer und Herbst futtern sich die Tiere eine gewisse Fettschicht an, die ihnen dann über den kargen Winter hilft.

Wenn das Pferd ganzjährig seinen natürlichen Fressgewohnheiten, also dem Grasen, nachkommen kann, besteht niemals die Gefahr eines Überfressens oder einer Intoxikation aufgrund von einem plötzlich zugänglichen Nahrungsangebot, dass dann allzu gierig genutzt wird. Auf naturbelassenen Frühlingswiesen findet sich immer eine Mischung aus neuen frischen Pflanzen und den vertrockneten Gräsern vom Vorjahr. So ergibt sich eine langsame Anpassung des Pferdes an das „fette“ Gras. Wenn im Herbst das Graswachstum stoppt, gewohnt sich der Organismus wiederum an das eher ballaststoffreiche aber nährstoffärmere trockene Gras. Entgegen der landläufigen Meinung beinhaltet aber selbst dieses alte Gras noch Einiges an Energie, und die anspruchsvollere Aufspaltung des harten alten Grases bringt den Stoffwechsel sozusagen „in Wallung“, was die Pferde im Winter warm hält. Stroh hingegen, lediglich ein argarwirtschaftliches Nebenprodukt, das viele Tiere gerade in der kalten Jahreszeit aus Langeweile in ihrer Box fressen, ist völlig arm an jeglichen Vitaminen und Mineralien.

Die Fermentation von schwer verdaulichen Pflanzenbestandteilen im Darm produziert vermehrt Wärme im Pferdekörper. Trockenes altes Gras, sowie Zweige von Büschen und Bäumen weisen einen deutlich höheren Anteil an diesen Ballaststoffen auf. So ist es für das Pferd sinnvoll, im Sommer das leicht verdauliche Gras zu fressen, weil es so in der warmen Jahreszeit nicht noch zusätzlich die im Körper entstehende Wärme des auf Hochtouren laufenden Stoffwechsels ausleiten muss. Bei kaltem Wetter hingegen werden die Tiere auf natürliche Weise mit innerer Wärme versorgt, wenn sie in erster Linie die schwerer verdaulichen Ballaststoffe aus überständigem altem Gras oder eben auch Büschen aufnehmen.

Wird jedoch die Aufnahme von Gras durch eine zeitliche Beschränkung der Weidezeit reduziert, dann kann dies zu enormen Problemen im Stoffwechsel des Pferdes führen. Es kann sogar geschehen, dass dem gewünschten Effekt, wie Gewichtsreduktion oder Hufrehe-Prävention, entgegen gearbeitet wird! Studien zeigen, dass Pferde, die wissen, dass ihnen nur eine gewisse Weidezeit zur Verfügung steht, in der gleichen Zeit bis zu dreimal so viel fressen wie in der gleichen Zeit bei unbeschränktem Gras-Angebot (P. D. Siciliano). Im Klartext heißt dies, dass ein Pferd mit vier Stunden Weidezeit in der Lage ist, die gleiche Menge an Gras zu fressen, die es sonst in zwölf Stunden aufnehmen würde - in anderen Worten: Es schafft in vier Stunden in etwa das halbe Tagespensum.

Es ist folglich äußerst inkorrekt, zu behaupten, das „Gras schlecht für Pferde ist“. Gras ist DAS natürliche Nahrungsmittel für das Pferd, seit es sich im Laufe der Evolution zu einem durch die Landschaft streifenden, ständig grasenden Steppenbewohner entwickelt hat. Wir müssen uns über die Konsequenzen bewusst werden, die entstehen, wenn der Mensch in den natürlichen Lebenswandel des Pferdes eingreift, um Situationen zu vermeiden, in denen das Gras scheinbar zu einer Gefahr für das Tier wird. Jeder Pferdehalter sollte derlei Fakten wissen, wie zum Beispiel, dass ein eingeschränkter Zugang zum Gras die chemische Zusammensetzung im Magen verändert und so eine optimale Aufspaltung der Nährstoffe verhindert wird, und was es für den Stoffwechsel des Pferdes bedeutet, wenn es ausschließlich auf überdüngten Monokulturen weidet, die eigentlich für Rinder gedacht sind, und das es den Metabolismus des Pferdes schadet, wenn seine Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt werden, usw.

Domestizierte Pferde in natürlicher Haltung. Grasen auf einer naturbelassenen ungedüngten Weide bei Frühlingsbeginn in Lettland:



Die gleichen Pferde nur wenige Tage später im Frühling aufgenommen:



Domestizierte Pferde auf einer nicht gedüngte Weide in Polen:




Przewaski wilde Pferde in der Ukraine. Das Grasen im Sommer:





Konik Polski wilde Pferde . Lettland und Polen. Das Grasen im Sommer:





Artgerechte Haltung von domestizierten Pferden. Grasen im Sommer auf nicht gedüngten Weiden in Lettland:







Natürlich gehaltene Pferde auf einer nicht gedüngten Weide in Norwegen:



Konik Polski wilde Pferde im Herbst. Polen:





Natürlich gehaltene Pferde . Grasen im Winter auf nicht gedüngten Weiden in Polen: