Übersetzung André Oude Wolbers
Haben Sie jemals an die Tatsache gedacht, dass Schweif, Mähne und Stirnhaare der Pferde nicht nur da sind um das menschliche Auge zu erfreuen? Dass, wenn wir aus egoistischen Motiven die Mähne und den Schopf unserer Pferde schneiden, zupfen oder gar vollständig entfernen – den Schweif zupfen oder kürzen, wir eigentlich einen Teil ihres natürlichen Abwehrsystems entfernen?
Die Mähne des Pferdes ist ein wichtiger Faktor des Thermoregulationsmechanismus in den kälteren Zeiten des Jahres. Den Pferden wächst eine dickere Mähne vor dem Winter und sie wechseln sie in eine dünnere vor dem Sommer, genauso wie sie ihr Sommer-und Winterfell ändern. Wir können diese natürlich dicker und besser wachsenden Mähnen und Schöpfe in den nativen nordischen Pferderassen sehen. Auch sehen wir die dickere Mähne in Ponyrassen, die aufgrund der Spezifika des Thermoregulationsmechanismus (größere Körperoberfläche im Vergleich zum Körpergewicht – siehe hierzu auch: http://holistichorseandhoofcare-deutschland.blogspot.com/2013/09/thermoregulation-bei-pferden-in-den.html) ein dichteres Fell benötigen, um die innere Körpertemperatur in einem geeigneten Rahmen zu halten. Bei Pferden mit unterentwickelter, atrophierter Nackenmuskulatur( ein Zeichen für Probleme mit der Durchblutung in diesem Bereich)mit chronisch verspannter Nackenmuskulatur, ist die Mähne vor allem wichtig, um den Hals im Winter warm zu halten.
Die Mähne des Pferdes hilft im Wandel der Jahreszeiten, den Kopf und die großen Blutgefäße des Tieres zu isolieren (Pilliner und Davies, 1996), so dass das Blut auf seinem Weg zum Gehirn im Winter nicht unterkühlt und im Sommer nicht überhitzt.
Im Sommer werden die Mähne zusammen mit dem Schweif wichtige Instrumente bei der Verteidigung gegen Insekten. Der Schopf ist sehr wichtig im Sommer, weil er auch die Augen des Tieres vor Infektionen und Reizungen schützt, die durch Fliegen, Staub, Schimmel und Sporen verursacht werden können. Je länger der Schweif, desto effektiver ist er als Schutz gegen die Insekten – je mehr Körperfläche er bedeckt. Und besonders wichtig ist er um den Unterbauch und die Genitalien zu erreichen, die vor allem von den Insekten geliebt werden.
An windigen, regnerischen Sommertagen und auch an schneereichen Wintertagen, wenn die Pferde die typisch schützende Position einnehmen und mit ihren Schweifen in den Wind gedreht, mit ihren Köpfen hängend dastehen, sind ihre Mähnen und Fesselbehänge ein wirksamer Schutz für ihre Hälse, Köpfe, Augen und Ohren, vor Wasser, Schnee und Wind. Regen und Schmelzwasser durch Schneefall, läuft von der langen Mähne und dem Fesselbehang ab, und erreicht somit nicht die Augen bzw. die Haut. Unterschiedliche Haarlängen in der Mähne zusammen mit längerem Haar in der Mitte des Halses spielen ein große Rolle, so dass eine bessere Schutzschicht gegen das abfließende Wasser entsteht. Während der Schweif dazu dient das hintere Ende des Pferdes zu schützen – helfen die abstehenden und auffächernden kürzeren Haare auf der Schweifrübe beim Abweisen von Wasser, Schnee und Wind, und um Bauch und Genitalien trocken und warm zu halten.
Es ist unnatürlich für das Pferd seine Mähne nur auf einer Seite liegen zu haben. In wilden Pferden und in artgerecht gehaltenen und gesunden domestizierten Pferden, können wir in der Regel sehen, dass die ganze Mähne oder Teile davon auf beiden Seiten des Halses liegen, oder sich die Position der Mähne von Moment zu Moment ändert. Dieses ist nicht nur vorteilhaft für die schützende Funktion, sondern zeigt auch, dass die Nackenmuskulatur gleichmäßig entwickelt ist. In vielen domestizierten Pferden wird die Mähne perfekt auf nur einer Seite des Nackens getragen und dieses ist nicht nur eine Folge der menschlichen Wahrnehmung von Schönheit, sondern auch ein Zeichen dafür, dass der Muskel auf der einen Seite mehr entwickelt ist, bedingt durch unnatürliche Haltung und Verwendung dieser Tiere - wenn ihre natürliche Asymmetrie sich in eine unnatürliche Überentwicklung nur einer Seite wandelt.
Hengste haben in der Regel natürlich dickere Mähnen und wenn diese dann miteinander kämpfen, beißen sie sich gegenseitig in den Nacken und ihre Mähnen funktionieren dabei wie eine Art Rüstung.
Wilde und artgerecht, natürlich gehaltene domestizierte Pferde können sehr gut die Pflege ihrer Mähne, ihres Schopfes und ihrer Schweife übernehmen. Sie können sich an Bäumen oder Zäunen reiben, oder einen Partner hinzuziehen um sich gegenseitig in der Mähne zu knabbern, wenn sie das Gefühl haben, es ist an der Zeit für Haarpflege. Pferde wissen sicher besser als wir, welcher „Haarschnitt“ ihnen am besten steht!
Fotos: Berenika Bratny, Zbigniew Wroblewski
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References
Pilliner, S., and Z. Davies. 1996. Equine Science, Health and Performance. Blackwell Science, London.
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