Wednesday, March 26, 2014

Hufrehe (Laminitis) - Der Ansatz nach Dr. Strasser

von "Strasser Hoofcare New Zealand"
Übersetzung André Oude Wolbers

Hufrehe (Laminitis) – wörtlich: Entzündung der Laminae – hat epidemische Ausmaße in domestizierten Pferden angenommen. Konventionelle Ansätze tendieren dahin, sich auf entzündungsauslösende Faktoren zu konzentrieren, am häufigsten reichhaltiges Futter – z.B. Frühlingsgras. Konventionelle Behandlungen der Hufrehe reichen von Präventionen, wie z.B. Nahrungsergänzungen, die dazu dienen sollen den Enddarm zu stabilisieren, bis hin zu verschiedenen mechanischen Lösungen von denen die schädlichste das Heben/Aufrichten der Trachten und das Aufnageln von sogenannten "Orthopädischen" Hufeisen ist.

Der Strasser Ansatz

Eine Rotation des Hufbeins mit Separation (aka „Founder“) ensteht über einen langen Zeitraum. Hufrehe endet nicht immer in einer Rotation des Hufbeins mit einhergehender Separation des Knochens von der Hufkapsel. Eine Entzündung kann durch eine Vielzahl von Dingen ausgelöst werden, z.B. Futter, Chemikalien, Hormone, mechanischer Stress. In einem ansonsten gesunden Huf, und bei Entfernung des Auslösers, verursacht die Entzündung nicht notwendigerweise einen Schaden an der laminaren Verbindung. Es sind weitere, vorher schon vorhanden Konditionen notwendig, damit dieses geschieht. In einem gesunden Huf ist das Hufbein bodenparallel und der Kronrand hat eine Winkelung von 30°. In dieser Position ist die einwirkende Kraft gleichmäßig auf alle Teile des Knochens, der Hornlamellen und der Lamellenlederhaut verteilt. Doch, wenn das Hufbein gezwungen ist steiler zu stehen (z.B. durch „Wedge pads“ = Keile) wirkt das Gewicht weiter vorne, als es normalerweise sein würde und es kommt zu einer chronischen Überlastung der frontalen Lamellenlederhaut. Je steiler nun das Hufbein steht, desto mehr ist die Spitze nach unten gezogen und die Lederhaut überlastet und dies führt dann möglicherweise zur Separation des Knochens von der Hufkapsel im Zehenbereich – entweder durch die mechanischen Hebel der schnell wachsenden Trachten oder durch das allmähliche Eindrücken der Sohle durch den Druck des Hufbeins auf eben diese. Ein Pferd kann eine steile Hufstellung für einige Zeit – ohne Probleme – haben, wenn es auf weichem Untergrund steht oder beschlagen ist. Für eine Weile verhindert der Beschlag eine sichtbare Separation des Hufbeins von der Hufwand, da sich das Sohlengewölbe durch den Beschlag nicht abflachen kann. Aber: Hufeisen (genauso wie Einengungen, Vibrationen, Bewegungsmangel etc.) reduzieren die Blutversorgung, besonders im Zehenbereich. Schlecht versorgte Lamellenlederhäute sind strukturell verändert, selbst wenn der Huf nach außen hin gesund aussieht und können kein laminares Horn von guter Qualität bilden. Auch ohne die Effekte der steilen Knochenausrichtung wird die Verzahnung der empfindlichen und unempfindlichen Laminae beeinträchtigt. Die laminare Suspension (Federung) ist anfälliger für Überbelastungen und weniger in der Lage, das Gewicht des Pferdes in der Hornkapsel zu halten. Offensichtlich wird eine steile Knochenausrichtung diesen Prozess beschleunigen. Da die laminare Verbindung – mit der Zeit – immer instabiler wird, kann jede Entzündung Auslöser für eine komplette Hufbeinrotation und Separation sein.



Jede Störung des Metabolismus kann Auslöser für eine Hufrehe sein. Die Anwesenheit eines Toxins in der mangelernährten/-versorgten und geschädigten Lamellenlederhaut führt zu einem schweren, entzündlichen Respons. Wundsekret vermischt sich mit der Hornproduktion, welches in einem qualitativ schlechten Horn resultiert, dass zu schwach ist um das Gewicht des Pferdes zu tragen (besonders mit der zu steilen Knochenausrichtung) und die Lederhaut- und Hornlamellen lösen sich voneinander.

Als Resultat geht die Verbindung zwischen Hufbein und Hufwand verloren (meistens nur an der Zehe) und das Hufbein sinkt ab, auf die Sohle, wo die scharfe Frontalkante des Knochens auf die Sohlenlederhaut drückt und diese schädigt. Nun ist der am wenigsten schmerzhafte Teil der Hufe, und der Bereich, wo es noch ein wenig solide Verbindung gibt, der laterale und Trachtenbereich. Das Pferd verlagert sein Gewicht auf die Trachten und hinteren Viertel der Hufe in Form der klassischen Rehehaltung („Sägebockstellung“). Während dieses nun zu einer geringen Schmerzlinderung der Vorderhufe führt, führt es aber zu einer Überlastung der Trachtenbereiche der Vorder-und Hinterhufe, der Gelenke, Muskeln, Bänder und Sehnen des Rückens und der Hinterbeine.

Was kann getan werden?

Es ist wichtig zu verstehen, dass das Rehe-Pferd ein krankes Tier ist, aber dass dieses kein Todesurteil ist. Nachdem die Ursachen der Entzündung beseitigt sind und die Hufe gekühlt werden(ein Hufbad in kaltem Wasser ist am besten) braucht das Rehe-Pferd folgendes:

Wiederherstellung der natürlichen Hufform und Huffunktionen
Durch die Wiederherstellung eines bodenparallel ausgerichteten Hufbeins und des Hufmechanismus kann der degenerative Zyklus der chronischen Hufrehe durchbrochen werden. Wenn das Gewicht des Pferdes wieder gleichmäßig auf Hufbein, Hufkapsel, Kronrand und Lamellenlederhaut verteilt ist, kann der Schaden ausheilen und eine qualitativ gute Verbindung beginnt vom Kronrand abwärts zu wachsen.

Zirkulation
Bewegung auf ebenem, erschütterungsfreiem Boden ist wichtig um die Nährstoff – und Blutversorgung zu den geschädigten Geweben in den Hufen sicherzustellen.

Angemessene Ernährung
Die meisten Rehepatienten sind schon unterernährt und ein krankes Pferd noch hungern zu lassen ist im besten Falle kontraproduktiv.

Ganzheitliche Unterstützung
Das Herz des Pferdes, Stoffwechselorgane und die muskulär-skeletalen Strukturen stehen schon unter einer enormen Belastung. Chemikalien, wie Entzündungshemmer können mit dem natürlichen Heilungsprozess interferieren und toxische Nebenwirkungen haben.



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Wednesday, March 19, 2014

Strahlfäule beim Pferd

von Natalja Aleksandrova
Übersetzung Jennifer Bender

Bakterien und Pilzsporen sind in jedem, selbst dem gesündesten, Huf vorhanden. Normalerweise stellen sie einen wichtigen Bestandteil gesunder biologischer Prozesse zur natürlichen Formgebung des Hufes dar. So schwächen sie älteres Horn und „trimmen“ den Huf sozusagen selbst. Dies ist vor allem für Pferde mit einem feuchten und weichen Lebensraum sehr wichtig, da hier häufig Abnutzung als natürliche Selbst-Bearbeitung fehlt.

Das gesunde Gleichgewicht eines Hufes wird gestört, wenn das Pferd in einer nicht artgerechten Umgebung lebt, das heißt ohne 24 h Auslauf mit ständiger Bewegung, und wenn keine korrekte Hufpflege gewährleistet ist. Eine unphysiologische Hufform sowie geringe Bewegungsmöglichkeiten, um nur einige ursächliche Faktoren zu nennen, schränken die Blutzirkulation im Huf ein und begünstigen so die ungezügelte Vermehrung von Bakterien und Pilzsporen – was schlussendlich zur Bildung von Strahlfäule führt. („Der Keim ist nichts, das Milieu ist alles.“ Louis Pasteur)

Doch obwohl es sich seltsam anhört, aber so versuchen die Bakterien selbst in diesem Stadium, den Hufen zu helfen – indem sie überflüssiges Horn „auffressen“, welches den Hufmechanismus* blockiert und die Blutgefäße abklemmt, was wiederum die so wichtige Blutzirkulation behindert. Aufgrund des durch die eingeschränkte Durchblutung bereits aus dem Gleichgewicht geratenen Milieus im Huf, gerät dieser eigentlich physiologische Vorgang der Selbst-Bearbeitung ebenfalls außer Kontrolle. Der Stoffwechsel des Pferdes ist an diesem Punkt nicht mehr in der Lage, die überzähligen Bakterien auszuschwemmen. Dies wird durch die mangelnde Bewegung des Pferdes noch verstärkt.

Noch eine Stufe weiter infiziert die Strahlfäule lebendes Hufgewebe, das Pferd beginnt zu lahmen.

Davon abgesehen, dass die meisten Mittel gegen Strahlfäule den Hufen schaden (z.B. durch Dehydrierung und Reizung des lebenden Gewebes), nutzen diese „Wundermittel“ auch nichts, sofern die Ursache der Strahlfäule nicht behoben wird. Diese Ursachen sind nicht-artgerechte Pferdehaltung und falsche Hufbearbeitung. Womit sich der Kreis wieder schließt.... Bestenfalls kann durch den Gebrauch eines Anti-Strahlfäule-Mittels eine vorübergehende Besserung der Symptomatik erreicht werden. Doch werden die Symptome in den allermeisten Fällen wiederkehren, sobald (oder kurz nachdem) dieses Mittel abgesetzt wird.

*(Hufmechanismus, siehe: http://www.academialiberti.de/academia/viewtopic.php?f=78&t=2021)

Strahlfäule an einem beschlagenen Huf. Die gesamte Sohle ist betroffen (schwarze Substanz). Die Bakterien versuchen dem Huf zu helfen, damit dieser seinen Job machen kann. Dieser kann aufgrund des Beschlages und falscher Haltung das überflüssige Hufhorn nicht anders loswerden. Im hier vorliegenden Falle hat sich das natürliche Gleichgewicht in eine pathologische Situation verwandelt:
(Photo © Barefoot Horse Blog)




Strahlfäule eines vernachlässigten Zwanghufes. Die Blutzirkulation ist eingeschränkt durch die offensichtlich falsche Hufbearbeitung und eine ungünstige Pferdehaltung. Auch hier ist das natürliche Gleichgewicht einer pathologischen Situation gewichen:




Diesem Boxenpferd wurden soeben die Eisen abgenommen. Bemerkenswert ist die doppelte Sohle im Zehenbereich mit einer Schicht Strahlfäule dazwischen. Die Bakterien haben hier versucht, dem Huf dabei zu helfen, diese überflüssige Lage Hufhorn loszuwerden. Der Huf selbst war dazu aufgrund der Eisen und der Haltung nicht in der Lage:




Schmerzhafter mit Strahlfäule infizierter Riss eines falsch bearbeiteten Zwanghufes:




Hier wurde der komplette Strahl von der Fäulnis aufgefressen (ebenfalls ein nicht korrekt getrimmter Zwanghuf). Die Strahl-Lederhaut ist aufgrund der eingeschränkten Durchblutung nicht in der Lage genügend gesundes Strahlhorn zu produzieren:




Tiefe Strahlfäule, die bereits das lebende Hufgewebe befallen hat. Auch hier ein falsch ausgeschnittener Zwanghuf:




Strahlfäule in den seitlichen Strahlfurchen eines vernachlässigten Hufes:




Schmerzhafter infizierter Riss eines Zwanghufes:




Gesunder Vorderhuf eines Hauspferdes in der nassen Jahreszeit. Seit 6 Wochen nicht ausgeschnitten. Das gesunde Gleichgewicht ist noch vorhanden – die Bakterien helfen beim natürlichen Selbst-Bearbeitungs-Prozess:






Gesunder Hinterhuf eines Hauspferdes in nasser Jahreszeit. Frisch bearbeitet nach einer 8-wöchigen Pause. Auch hier ist das natürliche Gleichgewicht noch vorhanden. Die Bakterien helfen dem Huf bei seiner Selbst-Bearbeitung. Die Risse sind mit Dreck gefüllt, aber fäulnisfrei:





Text & images no. 2, 3, 9–12 ©N. Aleksandrova